Auszüge aus dem Projekttagebuch von Anne Brouillard
Donnerstag, 6. Mai 2021
…ich beginne meine Eindrücke, meine Bewegungen, meine Entdeckungen aufzuschreiben, in Zusammenhang mit dem Projekt von „Das Buchprojekt“ in Berlin. Ein Experiment. Ein Erlebnis. Die ursprüngliche Idee war die Reise von Pikkeli Mimou, den Weg den er macht von dem Ort, wo er lebte, bevor er sich in der Hütte im Großen Wald installiert hat. Er wohnte in einer kleinen Hütte an der Seite des Berges im Weiten Land. Ich darf mich nicht in all dem verlieren. Ich hebe den Kopf, und wie in einem Traum, sehe ich einen ICE (deutscher Zug) an meiner Seite. Er passiert uns, ganz langsam. Und das braucht Zeit. Einen langen Moment lang, fahre ich an der Seite von Deutschland. Wenn ich mich mal nicht in dem Projekt verliere… Sich verlieren. Genau, Karten und Geographie stehen zur Debatte, ein GPS der Chintier. Aber es ist noch überhaupt nicht sicher, dass ich nach Berlin fahren kann. Die Reisen sind sehr kompliziert, mit Quarantäne bei der Ankunft, nach der Rückkehr, …
Freitag, 7. Mai 2021
Zurück zu den Karten. Es ist gut möglich, dass ich nicht nach Berlin gehen werde, sondern stattdessen von zuhause aus arbeite. Okay, aber wie? Ich verstehe ja nicht mal alles zu dem Ausgang dieses Projektes… Wenn ich eine Karte zeichne, lebe ich in der Umgebung, die ich zu Papier bringe. Da, ein Hügel, da einen weiteren, etwas höher (Höhenlinien). Manchmal verheddere ich mich in diesen ganzen Höhenlinien. Oft sogar. Wenn ich sie weiter kringeln möchte, finde ich nicht mehr zurück. Die Idee ist, sich selbst in dieser Umgebung vorzustellen.
Freitag, 14. Mai 2021
Kartographie der Zeit, die vergeht… Kreisverkehr der aktuellen Zeit
Dienstag, 18. Mai 2021
Jana Linke. Sie ist es, die in Berlin vor Ort sein wird. Eine Künstlerin, die Räume zum Leben erweckt, indem sie Farbe auf die Oberfläche versprengt. Die Farben setzen sich durch und pulsieren. Die Farben verlaufen und kreieren Wege, skizzieren Karten. Geographie der Farben. Geographie der direkten Gemälde Kartographen der Flecken, der Tropfen und Tröpfchen Sie könnte eine Figur in einer Geschichte sein, oder jemand der hervorgeht aus Pikkeli Mimou. Oder ich ändere alles.Ich werde also nicht nach Berlin gehen, die Maßnahmen lockern sich ein wenig, so scheint es, aber sie sind nicht sehr eindeutig. Und die Quarantäne bei meiner Rückkehr wäre dennoch nötig, was die Sache etwas kompliziert machen würde, da ich direkt danach nach Frankreich reisen werde. Reisen, reisen… Wir reisen auf Papier, in naher Umgebung
Mittwoch, 19. Mai 2021
Ich habe eine lange E-Mail von Jana erhalten. Und ich dachte mir UPS!, wir müssen uns auf einen Nenner bringen, ich muss selber wissen wohin ich „gehen“ möchte, was ich machen möchte,… Super interessant, aber ich fühle mich etwas wie Kiliok, im Angesicht eines großen Windstoßes. Den Weg, von dem wir dachten wir würden ihn gehen, nimmt eine andere Abbiegung, ein anderes Gesicht an! Ein großes SPLATCH und aus ist es mit dem ruhigen POM POM ROM POPOM. Aber, mit der Ruhe, ich folge meinem Leitfaden…
Donnerstag, 20. Mai 2021
Online-Meeting mit Jana und Kerstin und Katharina (von Das Buchprojekt). Rührend, muss ich zugeben. Erstaunlich, diese Leute zu sehen, die alle da drüben sind, oder hier. (Wo ist anderswo?) Ich habe endlich die Raumaufteilung von Das Buchprojekt verstanden. Es wird im Inneren des Gebäudes Fassaden aus Karton geben, die den Eindruck erwecken, man wäre wirklich draußen! Und ich glaube verstanden zu haben, was es mit der Digitalisierung des Projektes auf sich hat. Abends: Beginn der Karte, die ich dann Jana schickte Beginn des Abenteuers… Aber ich habe auch Fotos von der Birkenrinde hinzugefügt. Von sehr nah aufgenommen, könnte man sagen eine Karte eines gefrorenen Landes. Ich könnte gut etwas daraus machen.
Dienstag, 18. Mai 2021
Jana Linke. Sie ist es, die in Berlin vor Ort sein wird. Eine Künstlerin, die Räume zum Leben erweckt, indem sie Farbe auf die Oberfläche versprengt. Die Farben setzen sich durch und pulsieren. Die Farben verlaufen und kreieren Wege, skizzieren Karten. Geographie der Farben. Geographie der direkten Gemälde Kartographen der Flecken, der Tropfen und Tröpfchen Sie könnte eine Figur in einer Geschichte sein, oder jemand der hervorgeht aus Pikkeli Mimou. Oder ich ändere alles.Ich werde also nicht nach Berlin gehen, die Maßnahmen lockern sich ein wenig, so scheint es, aber sie sind nicht sehr eindeutig. Und die Quarantäne bei meiner Rückkehr wäre dennoch nötig, was die Sache etwas kompliziert machen würde, da ich direkt danach nach Frankreich reisen werde. Reisen, reisen… Wir reisen auf Papier, in naher Umgebung
Mittwoch, 19. Mai 2021
Ich habe eine lange E-Mail von Jana erhalten. Und ich dachte mir UPS!, wir müssen uns auf einen Nenner bringen, ich muss selber wissen wohin ich „gehen“ möchte, was ich machen möchte,… Super interessant, aber ich fühle mich etwas wie Kiliok, im Angesicht eines großen Windstoßes. Den Weg, von dem wir dachten wir würden ihn gehen, nimmt eine andere Abbiegung, ein anderes Gesicht an! Ein großes SPLATCH und aus ist es mit dem ruhigen POM POM ROM POPOM. Aber, mit der Ruhe, ich folge meinem Leitfaden…
Donnerstag, 20. Mai 2021
Online-Meeting mit Jana und Kerstin und Katharina (von Das Buchprojekt). Rührend, muss ich zugeben. Erstaunlich, diese Leute zu sehen, die alle da drüben sind, oder hier. (Wo ist anderswo?) Ich habe endlich die Raumaufteilung von Das Buchprojekt verstanden. Es wird im Inneren des Gebäudes Fassaden aus Karton geben, die den Eindruck erwecken, man wäre wirklich draußen! Und ich glaube verstanden zu haben, was es mit der Digitalisierung des Projektes auf sich hat. Abends: Beginn der Karte, die ich dann Jana schickte Beginn des Abenteuers… Aber ich habe auch Fotos von der Birkenrinde hinzugefügt. Von sehr nah aufgenommen, könnte man sagen eine Karte eines gefrorenen Landes. Ich könnte gut etwas daraus machen.
Freitag, 21. Mai 2021
Antwort von Jana auf meine Baumkarten (Birkenrinde) „vor ein paar Jahren habe ich mich mit Licht angefreundet. Seitdem sehe ich geheime Umgebungen, die nur durch Reflektionen für einen gewissen Moment sichtbar werden“ -> Auszug aus der Antwort von Jana Und ein Foto von Malereien mit Reflektionen von Licht Ich mag diese Geschichte mit den Reflektionen…
Sonntag, 23. Mai 2021
Spiegelung und Reflektion. Und Dinge, die nur für einen bestimmten Moment erscheinen. Eine gute Spur, guter Faden den man verfolgen oder entwickeln kann. Ich habe ihr ein privates Foto von Berlin geschickt, im Bahnhof. Der Fahrplan mit Spiegelungen… Darin sieht man jemanden mit einem Reiserucksack gehen, in einem sehr bestimmten Schritt. Aber ist dies eine Spiegelung oder durch die Transparenz erkennbar?
Montag, 24. Mai 2021
Antwort von Jana. Licht in Bewegung, 2 Bilder. Die Lichter scheinen auf den Bildern zu tanzen. Und man könnte meinen, Karten zu sehen. Blauer Raum eines unbekannten Meeres Unbekanntes Territorium. Das ist dadurch, dass wir vorangehen, in ein unbekanntes Gebiet. Aber wenn ich sage „wir“ meine ich nur mich, ja! Parallel kommt meine „normalen“ Karte weiter, geht ihren Weg, so könnte man sagen. Und ich fotografiere sie in verschiedenen Etappen. Wenn ich Wege auf meine Karte zeichne, finde ich mich wieder in der Umgebung der Karte. Wenn der Weg einen Hügel ansteigt oder durchteilt, oder einen Berg, muss ich an einen Aufstieg denken und den Weg schlängeln, um ihn nicht zu steil zu machen. Manchmal lege ich zuerst die Straßen fest, die Häuser danach. Manchmal umgekehrt. Häuser, hier und da, und Wege, um von einem Ort zum anderen zu gelangen. Es gibt auch Wasser, Fluss und See. Denken an das Gebiet, in dem der Wasserfluss seinen Weg geht.
Donnerstag, 27. Mai 2021
Ich habe endlich die „ruhigen“ Karten an Jana geschickt. Ich habe etwas versucht: In einer Diashow könnte das lustig sein, man sieht die Karte, die sich bildet, die Straßen, die ihren Weg gehen, die Wälder, die sich vergrößern, die Häuser, die sich bilden. Die Bewegung des Lebens, die Bewegung eines Weges, einer Promenade. Wenn man durch eine Landschaft marschiert, weiß man nicht, was man wiederentdecken wird, auch wenn man diese Landschaft kennt. Es ist nie das Gleiche. Man sieht nie die gleichen Dinge. Wenn ich kleine Promenaden male aus der Erinnerung dessen, was ich gesehen habe, habe ich Lust (oder das Verlangen) wieder zurückzugehen, das Modell zu sehen, dadurch zu spazieren, in der Landschaft zu sein, in der Realität, Realität der Zeit und des Raumes. Die Zeit der Zeichnung; man stoppt die Zeit. Zeit existiert nicht mehr. Vertikale Zeit. Der Zusammenhang mit Karten und dem Weg. Ein Pfad existiert, weil man ihn in der Landschaft zeichnet, weil man eine Verbindung durchdringt, um sich irgendwo hin zu begeben. Am Anfang ist dies nur eine Spur, aber wenn man jedes Mal den gleichen Spuren folgt, der gleichen Route folgt, entsteht ein Pfad, welcher sich sogar zu einem Weg vergrößern kann. Diese Wege sind nicht immer vorhanden auf den Karten, deren Gelände und Wege nicht oft aktualisiert werden. Und für Manche existieren diese Wege gar nicht, da sie nicht auf den Karten existieren. Was entspricht also der Realität? Die Karte oder das echte Gelände? Andere Pfade verschwinden, da niemand sie mehr benutzt, nicht einmal mehr Tiere. Diese Pfade verschwinden, verschlungen von Brombeersträuchern und Brennnesseln, und anderen Pflanzen. Aber sie bestehen weiter auf den Karten. Ich für meinen Teil, ich zeichne Wege auf Karten für imaginäres Gelände… Jana hat mir Fotos von ihrer Arbeit vor Ort geschickt, in Berlin, in der Oranienstraße. Sie erstellt Berge (aus Karton) – die Berge, das ist meine Interpretation. Und ich befrage mich zu der Interaktion zwischen ihrem eckigen Motiv und meinen „runden, organischen Hügeln“ (Höhenlinien). Meiner Meinung nach, komplementiert sich das gut. Und vor allem haben mich ihre Hügel gut inspiriert…Ich hatte diese Idee der Landschaften, Teile von Landschaften, durch die man auf den Karten langsam vordringt, und diese auf leicht durchsichtiges Papier bringt. Also habe ich mich für Papierbahnen entschieden (gekauft in Hong-Kong, vor langer Zeit), eine Art chinesisches Papier, fein und belastbar, für Pinsel und schwarze Tinte,… Berge und Bäume sind aneinandergereiht, und die Idee ist, sie durchströmen zu lassen mit Licht. Wenn man sie aufeinanderlegt, ans Fenster hängt, wenn man sie fotografiert. Mal sehen.
Montag, 31. Mai 2021
Viele Sachen gleichzeitig, aber etwas zeichnet sich, wie ganz von alleine. Ich erkenne es nun klarer, das Konzept dieser Ausstellung, dank einer langen Mail von Kerstin. Das, was für mich kompliziert ist, ist das ständige Kommunizieren, was nötig ist. Ich habe den Eindruck, nicht voranzukommen in einer Richtung, dass ich eine Schicht des Projektes reifen lasse und ich irgendetwas schicken muss. Und dazu, kommuniziere ich nicht wirklich… hm hm. Das, was Pikkeli Mimou sieht, wenn er losgeht. Er sieht das Tal vor ihm, und er beginnt, hinunter zu steigen. Er sieht am Anfang einen Ausblick, den er aus dem Alltag kennt. Und daher denke ich mir: Vielleicht geht er normalerwiese nie dahin. Zum Beispiel, um sich mit Nahrung einzudecken, geht er in eine andere Richtung. -> einige Gebäude auf der Karte hinzufügen. Er geht los am Anfang des Frühlings, heller Himmel, wechselhaft, lebhafte Luft, grün, Wolken, die sich fortbewegen, schnell vorankommen, Himmel in Bewegung. Licht in Bewegung. Aufgrund der Berge aus Karton, ist der Zeitplan von Pikkeli Mimou verändert. Das ist wirklich witzig, finde ich.
Samstag, 5. Juni 2021, abends, 20h45
Rückkehr in die Hütte von Pikkeli Mimou?) Tiergeräusche, Vogelgezwitscher, Amsel, Rotkehlchen, Weidenlaubsänger, Waldtaube… Und eine fremde Stille. Manchmal scheint die Welt in Watte versunken zu sein. Eine solche Stille, sodass die Töne deutlich nachklingen, stark getrennt von einem zum anderen. Heute Nachmittag, erste Vernissage der Ausstellung. Eine pure Tollerei, eine schöne Tollerei! Direktes Farb-Splashing auf die gezeichneten Karten auf der Fassade, diejenige im Inneren des Gebäudes (eine Konstruktion). Derjenige, der die Farben tanzen schickt auf der Unterlage, trägt eine Kamera auf dem Kopf (auf der Stirn, denke ich), so, damit derjenige, der die Anweisungen über Telefon gibt, die Produktion sieht. Das verläuft mit Spritzen und Bürstenspritzer. Die Farben tanzen, wortwörtlich, und man hat den Eindruck, dass der „Splasher“, ab einem Moment wirklich in Trance fällt. Das war einfach genial. Zudem, für mich, die das aus hunderten Kilometern Entfernung verfolgt, sehe ich direkt, was dort drüber passiert, ich sehe die Kinder, die Menschen, die auf der Straße vorbeigehen… Ich habe sogar Susanne gesehen! Was komisch ist, sie hat mich nicht gesehen, ich sehe durch denjenigen, der die Kamera trägt. Ich habe auch Bäume von sehr nah gesehen, Handflächen, und die Augen eines Kindes. Das passiert, wenn die Kamera vom Splasher herunterfällt, wenn man sie deplatziert, … Das ist eine ungewohnte Sichtweise, die der Kamera. Man sieht den Farbstrahl sich lösen aus der Spritze, man sieht diese Farbleine, die durch die Luft fliegt und die Karte erreicht und Fluss, Weg, Berg, Leben,… malt.
Übersetzung aus dem Französischen: Julia Jost